Manhattan/ NYC, USA (Oktober 2023)

Wir hatten eigentlich eine ausführliche vierstündige Stadtrundfahrt durch Manhattan gebucht. Durch die schon unglaubliche Verspätung bei der Einreise wird nun im Laufe der Fahrt daraus eine zweistündige Tour. Denn nun hat natürlich auch der Verkehr Richtung Manhattan zugenommen, und der Holland Tunnel (zweispurig, ein Witz!), durch den wir müssen, ist schon verstopft.

Die Sehenswürdigkeiten halten sich davor noch stark in Grenzen, dafür sind die unterschiedlich teuren Benzinpreise einige Kommentare wert. Der Guide diskutiert dann mit Blick auf die Uhr ein bisschen mit den Mitreisenden, was wir denn nun unbedingt sehen müssen. Die Antworten fallen unterschiedlich aus, doch auf das 9/11 Memorial können sich alle einigen. Das wird also unser erster Stopp. Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten sind die Amerikaner sichtlich angefasst. Unser Guide erzählt weitere Einzelheiten, wir machen in der Zeit lieber Fotos.

Zum Beispiel von den Wasserbecken, die Reflecting Absence heißen und das Nichtmehrvorhandensein der Twin Towers symbolisieren sollen. Rundum auf der breiten Umrandung sind die Namen der Todesopfer eingraviert. Die Wasserfälle, die größten künstlichen der Welt (natürlich, wir sind in Amerika), sollen dafür sorgen, dass der Verkehrslärm der Großstadt an dieser Stelle gedämpft wird.

Zusätzlich wurden mehr als 400 Bäume gepflanzt, um dem Platz und den Besuchern mehr Ruhe und Stille für die Erinnerung zu verschaffen.

Dies ist der Survivor Tree. Der chinesische Wildbirnenbaum hat die 9/11-Anschläge tatsächlich überlebt. Damals stand nur noch ein reichlich verkohltes Gerippe von knapp zweieinhalb Metern Höhe hier, mit einem einzigen lebendigen Zweig. Doch der Baum kam zur Pflege in eine Baumschule in der Bronx, erholte sich dort in den nächsten Jahren tatsächlich relativ schnell und trieb wieder aus. Neun Jahre später, nun gute neun Meter hoch, wurde er wieder an seinem ursprünglichen Ort eingepflanzt.

Der neue World Trade Complex ist auch 2023 immer noch nicht ganz fertig bebaut worden. aber die markanten Gebäude prägen natürlich jetzt schon die Umgebung (und auch die Skyline).

Der linke der Türme auf dem Foto ist 3 World Trade Center (3 WTC), seine 80 Stockwerke machen es zum neunthöchsten Gebäude in Manhattan, wobei mindestens das obere Drittel in den Regenwolken verschwindet. Das rechte, niedrigere Hochhaus (4 WTC) beherbergt Port Authority.

In der Mitte der Hochhäuser steht das World Trade Center Transportation Hub des Architekten Santiago Calatrava, der mit der Konzerthalle auf Teneriffa. Der eigentliche Hub liegt natürlich unterirdisch. Den oberirdisch auffälligen Bau nennt man Oculus.

Das größte Gebäude der Vereinigten Staaten (und in der westlichen Hemisphäre) ist natürlich One World Trade Center mit seinem Observatory. Da waren wir im April 2016 oben und haben die Ausblicke genossen. Auch wenn die Regenwolken es nicht einhüllen würden, es hätte nicht komplett auf ein Foto gepasst.

Heute jedoch geht es weiter, quer durch TriBeCa (Triangle below Canal Street) auf die andere Seite Manhattans, zum East River. Wir benötigen eine Klopause und einen weiteren spektakulären Fotostopp.

Der Bus hält an der Wavertree, 1885 in Liverpool/England gebaut, seit 1968 Teil des South Street Seaport Museums. Das Schiff ist das größte erhaltene eiserne Vollschiff. Benannt wurde es nach einem Stadtteil Liverpools. In das Museum wollen wir aber gar nicht hinein.

Fast alle eilen schnellen Schrittes hinein ins Tin Building, ignorieren die schönen Auslagen, erklimmen die Treppe und verschwinden in den restrooms. Das Gebäude wurde 1905 als Teil des riesigen (damals natürlich weltgrößten) Fischmarktkomplexes gebaut. Knapp ein Jahrhundert später wurde es 2000 geschlossen, acht Jahre lang gründlich restauriert und dient nun einem berühmten Sternekoch, der hier außer dem Marktbetrieb mit Delikatessen auch noch 12 unterschiedliche dining venues unterhält.

Je nach Position in der Klo-Warteschlange gelingt es dann noch, einmal um das Gebäude herumzulaufen und von dort aus die Brooklyn Bridge zu fotografieren, am Tag vor Halloween noch zusätzlich mit einem anlassbezogenen Kürbis-Display.

Im Dezember 2011 sind wir bei blauem Himmel auch über sie hinüber gelaufen. Dafür bleibt heute absolut keine Zeit. Mit dem Warten auf die übliche Nachzüglerin startet der Bus wieder. Im Grunde müssen wir jetzt wieder zurück nach New Jersey, um zum Flughafen Newark zu kommen. Aber Guide und Fahrer wollen die Fahrt und das bisschen Zeit nutzen, um uns zumindest an weiteren Highlights vorbeizufahren.

Wir fahren durch Chinatown und am East Village vorbei und erhaschen einen Blick auf StuyTown, kurz für Stuyvesant Town, einem Komplex aus 55 Appartementhochhäusern mit jeweils zwei unterschiedlichen Adressen (was rein verwaltungstechnisch zu 110 Häusern führt) aus rotem Ziegelstein. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg erbaut und mehrmals verkauft, scheint es jetzt reichlich teuer zu sein, dort in einem der 11.250 Appartements zu wohnen, wenn man sich deren Webseite ansieht.

Gleich darauf kommen wir am UN-Hauptgebäude vorbei. Zuerst sehen wir das charakteristische Hochhaus. Links daneben steht das Gebäude der Vollversammlung. Es scheint auch eine stattzufinden, denn es wehen Flaggen an allen Masten.

Dann geht es bei recht wenig Verkehr quer durch Manhattan in Richtung Rockefeller Center, wo uns bedauerlicherweise viele Holzbuden, die schon für die Vorweihnachtszeit aufgebaut werden, den Blick auf die berühmte Eislaufbahn verstellen.

Dann möchte der Guide uns noch Times Square zeigen. Wir kommen an der Radio City Music Hall vorbei. Das Abbiegen dann auf die 7th Avenue wird nicht so einfach. Hier ist einfach mehr Verkehr. Wir erhalten im Vorbeifahren zumindest einen kleinen Eindruck davon, wie bunt es hier am Abend aussehen kann.

Dann fahren wir durch den Lincoln Tunnel wieder zurück auf die New Jersey-Seite und dann zügig durch zum Flughafen, wo wir absolut pünktlich ankommen.

At sea, cruise day 15 (Anthem, Oktober 2023)

Unser letzter Tag auf See! Wir sind schon fast da, am Ende werden etwas mehr als 5000 nautische Meilen „auf dem Tacho“ stehen. An diesem Morgen haben wir das mit der Zeitumstellung gar nicht richtig hinbekommen.

Wir gehen nach dem Ausschlafen zur Abwechslung ins Silk-Restaurant zum Frühstück. Dort ist ein Buffet aufgebaut, aber man hat feste Plätze, an denen auch der Kaffeenachschub gut funktioniert. Wir freuen uns, dass es so leer ist und wundern uns, als sie uns kurz darauf sagen, dass das Buffet bald abgeräumt wird. Die Auflösung: unsere Uhren zeigen die aktuelle Zeit eine Stunde zu spät an! Macht nichts, wir werden trotzdem satt. Den Rest des Vormittags lesen und schlafen wir. Wir müssen den intensiven Ausflug in Halifax verarbeiten.

Der letzte Tag auf See ist auch der fast letzte Tag unserer Reise. Nach dem Lunch im Windjammer steht das große Kofferpacken auf dem Plan. Alles außer dem Handgepäck muss bis zum Abend vor der Kabinentür stehen, damit es von den fleißigen Arbeitsbienen in der Nacht in den unteren Schiffsbauch geschleppt werden kann. Und einiges muss leider hierbleiben.

Am Abend steht noch einmal eine Show im Theater an. Diesmal ist es eine farewell variety show, unter anderem mit dem amerikanischen comedian Jim David. Das ist tatsächlich richtig lustig.

Er macht diesen Job schon sehr lange auch auf Kreuzfahrtschiffen und verfügt so über eine große Sammlung von Originalunterhaltungen zwischen Passagieren und dem Guest Service. Ein Gast hat sich zum Beispiel einmal über die viel zu langen Flure zur Kabine hin beschwert. Die Frau am Guest Service reagierte sehr souverän mit: „I will take to maintenance about it.“ Oder aber der Passagier, der sich über die unzureichende Matratze und die daraus resultierenden schlaflosen Nächte beschwerte und die Matratze umgehend ausgetauscht haben wollte. Allerdings nicht vor zehn Uhr morgens, denn vorher würde er noch schlafen!

Nach dem Theaterbesuch gehen wir noch einmal auf die andere Seite des Schiffes, um unsere ausgelesenen Bücher zurück in die Library zu bringen. Dort im two70 tritt gerade der Chor auf, alle Mitglieder sind Passagiere, die sich im Laufe der Reise immer einmal wieder zur gemeinsamen Probe mit dem Cruise Director Danny getroffen haben.

Wir hören noch ein bisschen zu, bevor wir uns noch mit Bekannten auf ein letztes Bier im Pub treffen und uns dort von Livemusik des Gitarristen Greg Fiedler unterhalten lassen. Dann geht’s aber auch ins Bett, denn am nächsten Morgen müssen wir schon um acht Uhr die Kabine geräumt haben.

Halifax/ Nova Scotia, Kanada, cruise day 14, part two: Kirchen und Parks (Anthem, Oktober 2023)

Nach Beendigung der ersten Runde der HopOn-HopOff-Tour bleiben wir einfach im Bus sitzen und fahren die ersten vier Stopps noch einmal. Wir steigen an der katholischen St. Mary‘s Basilica aus und werfen einen Blick hinein. Es ist kurz nach zehn, sie hat gerade geöffnet und schon sitzen sechs Personen auf der Bank und warten, dass der Beichtstuhl wieder frei wird.

Bei der gigantischen Explosion 1917 wurden auch die Wandmalereien im Altarraum zerstört und später einfach durch Tapeten ersetzt. Das Provisorium hielt gut einhundert Jahre. Während des Covid-19 Lockdowns wurden sie schließlich wieder als Wandmalereien ausgeführt.

Die modernen Zeiten machen auch vor dem Spendensammeln nicht halt: hier in der Kirche hält man einfach seine Kreditkarte vor das entsprechende Feld, der Betrag ist praktischerweise schon voreingestellt, 5 oder 10 kanadische Dollar, tap to give!

Wir passieren das alte Bücherei-Gebäude mit der Churchill-Skulptur davor. Churchill hat Halifax sehr oft besucht.

Die neue öffentliche Central Library schräg gegenüber ist gigantisch für eine Stadt mit rund 480.000 Einwohnern. Das Grundstück wurde 50 Jahre als Parkplatz benutzt, bevor 2014 das aus einem internationalen Wettbewerb hervorgegangene, inzwischen preisgekrönte Gebäude eröffnet wurde.

Außer den für eine Bücherei üblichen Büchern findet man hier zwei Cafés und kommunal nutzbare Räume, auch Konferenzräume, sowie ein Auditorium mit 300 Sitzplätzen und eine öffentliche Dachterrasse. Es gibt wlan und hundert kostenlos nutzbare Computerterminals. Das Gebäude ähnelt einem Stapel Bücher, leider gehen wir nicht hinein.

Aber wir kommen sicherlich noch einmal wieder hierher, Halifax ist eine sehr zugängliche und fußgängerfreundliche Stadt. Wir gehen die Spring Garden Road entlang bis zu einem Drogeriemarkt.

Hier kaufe ich keinen Kleber für mein gebrochenes Brillengestell, sondern eine Trifokal-Brille: oben für das Kommunizieren mit einem Gegenüber, die Mitte für Bildschirmarbeit und unten zum Lesen und das ganze noch 0,25% stärker als meine alte Brille. So etwas kauft man dort für knapp 40 kanadische Dollar, vor Steuern, aber trotzdem sind es umgerechnet nur gut 30 Euro. Nun müssen sich meine Augen nur noch dran gewöhnen.

Anschließend wollen wir in die Halifax Public Gardens. Das ist jetzt ein Park, es müsste also eigentlich Public Garden heißen. Die heutige Version entstand 1874, als zwei ältere Gärten, der Nova Scotia Horticultural Society Garden und der angrenzende öffentliche Park zusammengelegt wurden.

Am Haupteingang mit seinem großen Schmucktor erwarten uns die Boy Scouts, die auf Hochglanz polierte, tiefrote Äpfel aus einem Bauchladen heraus verkaufen, um Geld für eine gemeinsame Fahrt zu verdienen. Unser Argument, dass wir leider gar keine kanadischen Dollars dabei haben, wird sehr schnell entkräftet.

Die Jungs zeigen uns ihre Sammeldose, in der sich auch schon Euro-Banknoten neben Münzen und Scheinen in anderen Währungen befinden. Der erwachsene Scout hat zudem ein Kartenlesegerät dabei. Er erzählt uns, dass es für viele Menschen inzwischen normaler geworden ist, einfach die Karte auf das Gerät zu halten.

Wir geben dann zwei amerikanische Dollar und Kay nimmt einen Apfel mit. Er sieht wirklich verführerisch gut aus, ich probiere einen kleinen Bissen. Aber leider reagiere ich doch allergisch auf ihn.

Im Park, der von Mai bis November zugänglich ist, darf man weder rauchen, noch joggen, noch Radfahren, keine Enten füttern und auch nicht heiraten. Die Hauptwege sind damals so breit angelegt worden, dass zwei Damen in Reifröcken aneinander vorbei flanieren konnten, ohne sich zu berühren.

Nach und nach wurde der Park durch Statuen, Brunnen, einem bandstand (1887 erbaut, bis Ende September gibt es dort jeden Sonntag ein Konzert) und Wasserläufen verschönert, um dem Ideal eines viktorianischen Gartens gerecht zu werden. Von denen gibt es nicht mehr so viele.

Seit 1984 gehört die Parkanlage historischen Erbe Kanadas und steht unter Schutz. Das Bild zeigt einen der insgesamt drei Brunnen, meist anlässlich eines königlichen Jubiläums beauftragt und aufgestellt.

Die Blumenbeete sehen jetzt Ende Oktober natürlich nicht mehr so dekorativ aus, wie im Sommer, doch Rosen blühen immer noch. Einige Beete sind, sehr ungewöhnlich für uns, erhöht bepflanzt.

Der große See, (jeder viktorianische Garten hat einen pond), trägt den Namen Griffin Pond. Benannt wurde er nach einem jungen irischen Einwanderer mit Namen Lawrence Griffin. Er wurde zu Unrecht wegen Mordes zum Tode verurteilt und 1821 (da war es noch kein Park) an der Ostseite des Sees gehängt. Zur Wiedergutmachung wurde später der See nach ihm benannt.

Der Tourguide im Bus leitete die Geschichte ein mit den Worten: Ich weiß eine todsichere Methode, wie in Kanada ein See nach einem benannt werden kann! Makaber!! Auf dem See schwimmt ein Modell der Titanic, leider haben wir es nicht gesehen, daher gibt es davon auch kein Foto an dieser Stelle.

Überall im Park verteilt wird an militärische Zeitgenossen, aber auch an Vorreiter der Antialkoholiker oder Frauenrechtlerinnen, mit Plaketten und kleinen Statuen erinnert. Dies ist eine Skulptur (von Hamilton MacCarthy, 1903), die an die Teilnahme der Royal Canadian Dragoner in den Burenkriegen in Afrika erinnert.

In der Horticultural Hall (1847 erbaut) gibt es Informationen und Prospekte, aber auch ein Café, das zu einem sehr guten Kaffee noch viel bessere Pekan-Dreiecke verkauft. Außerdem gibt es hier freies wifi, so dass wir das erste Mal nach sieben Tagen wieder ein Lebenszeichen an die Familie absetzen (und jede Menge aufgelaufene E-Mails löschen) können.

Ankunft Bayonne/ NJ, USA, cruise day 16 (Anthem, Oktober 2023)

Natürlich bekommen wir zu wenig Schlaf! Ich wache davon auf, dass das Schiff so leise ist und schaue aus dem Fenster. Wir drehen uns gerade im Wasser, um rückwärts in Bayonne „einzuparken“. Es ist noch stockfinster und es nieselt, viel ist nicht zu sehen, außer dicken Regenwolken. Ich schlafe noch ein bisschen weiter.

Zum Frühstück, viel zu früh für uns, aber man muss ja etwas essen, gehen wir ins Windjammer. Auf die Idee sind ungefähr tausende Mitreisende auch gekommen. Wir finden nur beim zweiten Mal herumgehen einen Platz an einem Tisch. Dann holen wir unsere restlichen Siebensachen aus der Kabine und gehen ins Theater.

Jersey City, Manhattan und Brooklyn unter Regenwolken

Dort treffen sich um acht Uhr alle, die eine shore excursion gebucht haben. Nach den schlechten Erfahrungen vor acht Jahren hier in Bayonne (das ist eine kleine unbedeutende Stadt von nur rund 72.000 Einwohnern und liegt südlich von Jersey City) haben wir diesmal die ultimative Kombi gebucht: Manhattan‘s Highlights and Transportation to Airport. Unsere schweren Koffer fahren mit uns im Bus und am Ende landen wir automatisch am richtigen Flughafen.

Die Verantwortlichen auf dem Schiff entwerfen immer einen ausgeklügelten Plan, wer wo wartet und wann von Bord geht, damit es keine Staus etc. gibt. Und jedes Mal, wenn wir auf US-amerikanischem Gebiet ankommen, wird der Plan, an den sich alle auf dem Schiff halten, von Custom and Border Protection an Land über den Haufen geworfen.

Also kommen wir nicht um 8 Uhr von Bord, sondern später. Anschließend finden wir unsere Koffer und schlängeln uns aufreizend langsam durch die Halle, in der man natürlich auch nicht fotografieren darf. Ich habe vorher noch Fotos vom Schiff aus gemacht, es hat sich doch deutlich etwas an der Bebauung (vor acht Jahren war hier nichts) getan.

Denen ist es völlig egal, wie lange und wo man vor der Einreise warten muss. Und genügend Personal ist auch nie da, um alle booths zu besetzen. Das geschieht dort unten in der dunkelgrauen Halle.

Diese Skulptur heißt im Volksmund Tear of Grief, offiziell To the Struggle of World Terrorism. Sie ist ein Geschenk der russischen Regierung an die Vereinigten Staaten zum Gedenken an die Opfer des Anschlags vom 11. September 2001. Die zwölf Meter lange Träne aus Stahl, die zwischen den Säulen hängt, ist auf meinem Foto nur schwer zu sehen, falscher Winkel. Unten auf der Bodenplatte sind alle Namen der Opfer eingraviert.

2006 wurde das Denkmal in Gegenwart von Bill Clinton und Wladimir Putin eingeweiht. Im letzten Jahr entfernte die Stadt Bayonne Putins Namen in Folge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine.

Als wir dann endlich durch und draußen sind, können wir noch einen letzten Blick auf „unser“Schiff werfen. Schön war die Zeit auf der Anthem of the Seas. Doch das nächste Mal werden wir wieder ein kleineres Schiff buchen.

Wir gehen immer in Richtung wartende Busse, freundliche Menschen weisen uns den Weg. Glücklicherweise warten die gecharterten Busse auf uns, und dann auch noch länger, bis schließlich die letzte gebuchte Person im Bus ist. Los geht’s!

Halifax/ Nova Scotia, Kanada, cruise day 14, part three: Sehenswürdigkeiten (Anthem, Oktober 2023)

Nach dem ausgiebigen Besuch des Parks suchen wir die naheliegende Haltestelle des HopOn-HopOff-Busses und fahren eine Station weiter bis zur Zitadelle.

Es ist kurz nach 12 Uhr mittags und wir haben das tägliche Abfeuern der Kanone gerade verpasst, sehen aber noch den Rest des Wachwechsels.

Das Wetter ist inzwischen so toll sonnig und warm, dass wir die Zitadelle nicht besichtigen, sondern einmal um sie herumlaufen, um die Ausblicke zu genießen, bevor es zu Fuß wieder zum Hafen gehen wird. Das Bild zeigt die Halifax Town Clock, die schon seit 1803 die Zeit am Fort George anzeigt.

Auf dem Weg zu Wasser kommen wir an der Art Gallery of Nova Scotia vorbei, in der viele Werke von Maud Lewis zu sehen sind. Auch ihr komplettes Haus (es war nicht groß, nur zwei kleine Räume) steht im Museum. Sie ist eine der beliebtesten folk artists Kanadas. Übrigens umfasst der Begriff ‚Volkskunst’ auch Bereiche wie Shantys, Blues und Graffiti. Trotzdem gehen wir nicht ins Museum. Das Wetter ist einfach so unerwartet toll und der Aufenthalt an der Sonne entschädigt uns ein bisschen für die ausgefallenen Badefreuden auf Bermuda.

Am Wasser verläuft der Boardwalk, insgesamt auf einer Länge von fast drei Kilometern. Einen kleinen Teil davon spazieren wir in Richtung Schiff. Dabei sehen wir viele interessante Bau- und Kunstwerke:

Doch als wir wieder am HopOn-HopOff-Bus ankommen, beschließen wir, noch ein drittes Mal loszufahren. Wir steigen wieder an der St. Mary‘s Basilica aus und gehen diesmal in die andere Richtung.

Es ist nur noch wenige Tage bis Halloween und viele Vorgärten sind aufwändig geschmückt. Auf dem alten Friedhof, 1749 eingerichtet, wurden bis 1844 mehr als 10.000 Personen aus allen Kreisen der Bevölkerung bestattet.

Hier liegen erste europäische Siedler und Ureinwohner (Mi’kmaq), Loyalisten und Einwohner afrikanischer Eltern friedlich nebeneinander. Das strahlende Sonnenwetter und der morbide Charme des Platzes lädt zum Foto-Shooting ein.

Wir kommen am Government House vorbei, der Residenz des Lieutenant Govenor of Nova Scotia. King Charles übernachtet hier natürlich auch, wenn er zu Besuch ist. Er ist ja nun auch Oberhaupt des Commonwealth of Nations.

Der Guide im Bus sprach [lef‘tenent] so nuschelig aus, dass ich zunächst immer nur left-handed verstand, und mir überlegte, warum sie nur Linkshänder als Gouverneur eingesetzt haben.

Die Architektur in downtown ist sehr vielfältig. Es gibt noch einige Häuser, die ihre viktorianische Fassade behalten haben.

Die Initiative Gritty to Pretty sorgt dafür, dass häßliche Häuserwände durch Fassadenmalereien verschönert werden. Dafür gibt es sogar eine extra Tour, die wir bestimmt beim nächsten Besuch in Halifax machen werden.

Es ist Sonntag, das Wetter ist super und am Boardwalk am Hafen tummeln sich inzwischen viele Kinder in mehr oder weniger gruseliger Verkleidung.

Unser Schiff liegt gegenüber der kleinen Georges Island, die während der Grand Dérangement/ Great Upheaval als Gefängnis für mehr als 10.000 Menschen genutzt wurde.

Die Insel Nova Scotia hieß vor 1713 L‘Acadie und gehörte zu Frankreich. Die meisten Acadianer verließen ihre Heimat, als die Insel an England ging und zogen auf französisches Gebiet, z.B. in das heutige Louisiana. Die verbliebenen mehr als 10tausend Menschen wurden als Gefahr für die englische Bevölkerung gesehen und ab 1755 gewaltsam deportiert. Die Hälfte starb dabei auf See oder später an Hunger und Krankheiten.

Am Ende (oder auch am Anfang, je nachdem) des Boardwalk kommen wir an der Skulptur „The Emigrant“ vorbei, die gegenüber des Canadian Museum of Immigration at Pier 21 steht. Hier in Halifax kamen in den 1930ern bis 1950ern sehr viele Immigranten aus Europa an, um in Kanada ein neues, besseres und hoffentlich erfolgreicheres Leben zu beginnen.

Doch wir sind inzwischen hungrig und erschöpft. Im Terminalgebäude stromern wir noch ein bisschen durch das Shoppingangebot. Bei 23 Grad Außentemperatur Weihnachtsdekoration anzusehen, hat auch was. Wir gehen dann zügig wieder aufs Schiff und essen kurz etwas, bevor wir uns dann bis zum Abendessen ausruhen.

Nach der abendlichen Show sind wir mit dem Schiff inzwischen so weit gefahren, dass wir uns dem US-amerikanischen Staatsgebiet nähern. Die Einfahrt wird lautstark mit thematisch passenden Hits, kostenlosem Sekt und dem Drop-down von hunderten blauen, roten und weißen Ballons gefeiert. In der Nacht wird die Uhr noch einmal zurückgestellt, eine Stunde mehr zum Partymachen.

Halifax/ Nova Scotia, Kanada, cruise day 14, part one: Unglücke (Anthem, Oktober 2023)

Statt auf Bermuda sind wir nun in Halifax, der Hauptstadt der Provinz (und Halbinsel) Nova Scotia angekommen. Morgens ist es noch kühl und der Wecker klingelt bereits um sieben Uhr. Nach einem schnellen Frühstück im Windjammer, wo es bereits ziemlich voll ist, flitzen wir auf die Kabine, machen uns abmarschbereit und verlassen das Schiff. Yeah, es fühlt sich gut an, nach den sechs Tagen auf See.

Im Terminalgebäude (im Hintergrund des Fotos ist unser Schiff zu sehen) gibt es free wifi, aber wir müssen hinaus, um unsere Tickets der shore excursion für die HopOn-HopOff Tour in einen Sticker und den Fahrplan für die Busstrecke umzutauschen.

Es ist 8:30 Uhr, mit Leggings und Strickjacke lässt es sich auch im Sommerkleidchen aushalten. Immerhin ist es Ende Oktober und wir sind in Kanada. Der Bus ist voll, wir sitzen in dem alten Londoner Doppeldecker oben und fahren erst einmal die ganze Strecke ab.

Das dauert 90 Minuten und man erhält einen guten Überblick, was man gern genauer ansehen möchte. Der Guide erzählt eine Unmenge Infos, Fakten und Geschichten, die man sich gar nicht alle merken kann. Am eindrucksvollsten sind zunächst die Geschichten zur Titanic und zur Halifax Explosion.

Zuerst kommen wir auf der Tour durch den Historic Hydrostone District. Das sieht heute ganz hübsch aus, die Häuser auf dem fast 9,5 ha großen Areal sind maximal zweistöckig, die Straßen von Bäumen gesäumt. Doch die Entstehung des Stadtteiles hat einen höchst dramatischen Hintergrund:

Anfang Dezember 1917 ereignete sich die für die Bevölkerung Halifax’ traumatische Explosion, eine der größten nichtnatürlichen und nichtnuklearen Explosionen der Welt. Es herrscht Krieg in Europa, Halifax ist ein bedeutender Nachschubhafen der Alliierten. Der Hafen ist nachts durch Netze vor Angriffen der deutschen Ubootflotte gesichert. Ein vom Belgischen Hilfswerk gecharterter Frachter mit dem Ziel New York liegt zum Kohlebunkern im Hafen. Das Bunkern verzögerte sich am Vorabend, so kann der Frachter nicht mehr vor der nächtlichen Sperre auslaufen. Ein französischer Frachter, aus New York kommend, läuft Halifax an, um sich dort einem Konvoi nach Europa anzuschließen. Er hat eine brisante Fracht geladen: 200 t TNT, 63 t Schießbaumwolle, 2.300 t einer explosiven Säure und dann noch 35 t leicht entflammbares Benzol, das in Fässern auf dem Oberdeck verstaut war. Leider ist diese Ladung am Schiff nicht entsprechend gekennzeichnet worden. Der Frachter kam am Vorabend zu spät an, um sich vor der nächtlichen Sperre durch die Netze noch dem Konvoi anschließen zu können.

Früh am nächsten Morgen haben es nun alle eilig, der Frachter des Belgischen Hilfswerks besonders, er fährt sehr schnell. Trotz Lotsen an Bord fahren beide Schiffe nicht auf den korrekten Routen, da sie wiederum anderen kleineren Schiffen ausweichen müssen. Beide Frachter realisieren zu spät, dass sie sich auf Kollisionskurs befinden. Sie schalten ihre Motoren zwar „in den Rückwärtsgang“, können den Zusammenstoß aber nicht mehr verhindern. Der ist zwar nicht stark, aber der aufeinandertreffende Stahl schlägt Funken. Durch den Zusammenstoß kippen die mit Benzol gefüllten Fässer auf dem Oberdeck um, laufen aus, und die Flüssigkeit beginnt durch den Funkenflug zu brennen. Die Mannschaft rettet sich durch den Sprung ins Wasser. Einige warnen die Menschen an Land vor der kommenden Katastrophe, leider sprechen sie nur Französisch und die Kanadier nur Englisch. So beobachten viele Schaulustige, wie das brennende Schiff langsam auf die Pier zutreibt. Nach zwanzig Minuten hat das Feuer den Frachtraum erreicht, und das Schiff explodiert in einem gigantischen Feuerball. Durch die Druckwelle wird der andere Frachter auf die gegenüber liegende Seite des Beckens an Land gesetzt. Der Ankerschaft des französischen Frachters wird fast vier Kilometer weit weg geschleudert. Im Umkreis von 70 Kilometern gehen die Fensterscheiben zu Bruch. Die Druckwelle vertreibt das Wasser aus dem Hafenbecken, der Meeresboden ist tatsächlich kurz zu sehen, bevor eine riesige Flutwelle tsunamiartig zurückströmt.

Blitzartig wird ein kompletter Stadtteil dem Erdboden gleichgemacht. Mehr als 1600 Menschen verlieren ihr Leben, sofort, darunter die gesamte Bevölkerung der Mi‘kmaq, die noch in Halifax siedelten. 9000 Menschen werden verletzt, davon erliegen 300 später ihren Verletzungen. Durch die herumfliegenden Glasscherben gibt es fast 5.000 Augenverletzungen, etliche Personen erblinden ganz. In der Folge entwickelt sich Halifax zu einem Zentrum der Augenheilkunde. 6.000 Menschen sind wohnungslos, weitere 25.000 Menschen müssen in Unterkünften ausharren. Am Tag nach dem Unglück fegt ein Blizzard über Halifax hinweg. Trotz der schnellen Hilfe, die vor allem aus Boston, USA kommt, sind einen Monat später noch 5000 Menschen ohne Wohnungen. Ein neuer Stadtteil wird geplant und gebaut, die Häuser aus einem neu entwickelten, nicht brennbaren Baustoff, Hydrostone, der dem Stadtteil heute seinen Namen gibt.

Das andere traumatische Ereignis ist zum Zeitpunkt der Explosion gerade erst fünf Jahre her. Im April 1912 sank die Titanic, von Halifax aus werden Schiffe zur Bergung der Leichen zur Unglücksstelle geschickt. Gesundheitsbestimmungen erfordern es, dass die Leichen vor Einfuhr nach Halifax einbalsamiert werden müssen. Die Menge an Toten überfordert die Kapazitäten an Bord, sodass viele Leichen an Ort und Stelle seebestattet werden. Von den 333 einbalsamierten Körpern wird fast die Hälfte in Halifax bestattet, die meisten davon auf dem Fairview Lawn Cemetry, den wir als als dem nächsten Stopp der Sightseeingtour anfahren. Die meisten der 121 Grabsteine tragen nur eine Nummer und das Todesdatum, da die Leichen nicht identifiziert werden können.

Einer der Grabsteine ist 2007 erneuert worden. Fortschritte in der DNA-Forschung führen dazu, dass das „unbekannte Kind“ identifiziert werden kann. Die Schiffsbesatzung, die das Kleinkind tot aus dem Wasser bargen, bezahlten damals gemeinschaftlich für den ersten Grabstein, den Sarg und die Beerdigung.

Am Boardwalk steht ein Denkmal für Samuel Cunard, in Halifax geborener erfolgreicher Geschäftsmann. Er gründete u.a. die Halifax Steamboat Company und später in Großbritannien, nachdem er dort erfolgreich Investoren gefunden hatte, die nach ihm benannte Cunard Steamships limited. Samuel Cunard war der erste, der seine Schiffe im Transatlantischen Verkehr einsetzte.

Er lebte abwechselnd in Halifax und England, wo er auch starb. Es war das Cunard-Schiff RMS Carpathia, das als einziges Schiff in der Nähe auf die Hilferufe der Titanic reagierte, die Überlebenden an Bord nahm und nach New York, dem Zielhafen der Titanic, brachte.

At sea, cruise days 11-12, (Anthem, Oktober 2023)

Nach drei Tagen haben wir uns genügend ausgeruht. Nun können die sportlichen Aktivitäten ausprobiert werden.

Wir gehen (mit den neuen spanischen Sportschuhen) ins Sea Plex (eine zweistöckige indoor-Halle für unterschiedliche Angebote) zum Bogenschießen. Vier Versuche, dann muss man sich wieder in die Schlange der Wartenden einreihen. Aber man rückt zügig wieder vor. Es gibt vier Plätze und der Andrang ist nicht so groß.

Wir versuchen es insgesamt vier oder fünf Mal mit wechselndem Erfolg und großem Spaß. Kay isst am Dog House noch einen Hot Dog, bevor es wieder zu Tee und Beschäftigung auf die Kabine geht. Es ist einfach so schön ruhig dort und wir haben einen Wasserkocher, was will man mehr.

Abends gehen wir rechtzeitig ins Theater, nachdem wir am Nachmittag schon keinen Platz bekamen. Die Mitreisenden scheinen langsam einen Lagerkoller zu bekommen, ihnen fehlt die Abwechslung in der Bespaßung. Wir wollen uns das Musical „We will rock you“ ansehen und vertreiben uns die Dreiviertelstunde des Wartens mit lesen. Die Buchauswahl in der library ist wirklich gut, vor allem, weil alle Reisenden ihre ausgelesenen Taschenbücher ebenfalls dort ablegen. Die Vorstellung von We will rock you ist fantastisch, die Musik sowieso, die Story ist gut ausgedacht und die Kostüme sind sehr schön. Die Sängerinnen und Sänger sowie die Musiker sind supergut. Was für eine gute Unterhaltung!

Am nächsten Tag verbringen wir die meiste Zeit lesend draußen am Heck. Das Wetter ist immer noch schön (18 Grad), es schaukelt etwas stärker als sonst (wir fahren nun ja nach Nordwesten), ich habe wieder meine Armbänder um. Es ist bewölkt, aber ab und zu kommt die Sonne durch. Wir genießen diese großartige Verlängerung des Sommers.

Als ich das ausgelesene Buch zurück in die Bücherei und ein neues mit genommen habe, stelle ich fest, dass meine Lesebrille am Rahmen gebrochen ist. Das ist doof, da ich sie zum Lesen brauche. Ich habe zwar noch eine zweite Brille mit, aber ich möchte die andere trotz repariert haben. Also auf zum Guest Service, aber die geben mir nur die Auskunft, dass Maintenance die Brille aus Sicherheitsgründen nicht kleben darf, da diese Kontakt mit dem Auge hat. Ja, die Brille sitzt bei mir auf der Nase, der Rahmen sitzt nicht im/am/ höchsten in der Nähe des Auges. Was soll’s, sind halt amerikanische Verhältnisse.

In den Shops an Bord gibt es weder Superglue noch Lesebrillen zu kaufen, aber die nette Dame dort versucht immerhin, den Rahmen mit Tesafilm zu kleben. Geht natürlich nicht, aber ich lasse sie trotzdem machen. Meine letzte Hoffnung ist Beni, unser Stateroom Attendent. Er kann tolle Tiere aus Handtüchern falten. Vielleicht kann er mir auch den Kleber besorgen. Dann mache ich es selbst.

Beim Abendessen machen die waiter in ihren flowery shirts wieder eine gute Figur und eine Parade und führen anschließend den Macarena-Tanz für uns auf. Wir tanzen nicht mit, sondern genießen lieber unser zartes Steakfleisch.

Danach geht es wieder ins Royal Theater. Eigentlich steht das Musical wieder auf dem Programm, aber aufgrund technischer Probleme wird es zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

Stattdessen gibt es eine variety show unter dem Titel Anthem‘s got talent. Crew members zeigen ihr Können: viel Gesang, aber auch Jonglage von zwei Barkeepern und eine fantastische Tanzeinlage von einem Menschen, der sonst an den Bügelautomaten arbeitet. Das ist alles sehr unterhaltsam.

At sea – nur Fliegen ist schöner, cruise day 13, (Anthem, Oktober 2023)

Das Frühstück heute, zur Abwechslung mal wieder im Restaurant, gerät fast zur Nebensache, denn wir unterhalten uns sehr angeregt mit der Amerikanerin vom Nebentisch, die auf meinen Akzent reagiert. Sie ist auf dem Weg nach Hause von einem Besuch in Deutschland. Ihre Tochter ist mit einem Deutschen verheiratet, den sie vor zehn Jahren auf einer Cruise mit ihrer Mutter kennengelernt hat. Vor lauter Reden fällt es uns schwer, unsere Teller zu leeren. Wir hätten uns bestimmt noch stundenlang weiter unterhalten können, aber wir müssen das Restaurant dann doch mal verlassen, damit dort sauber gemacht werden kann. In der Kabine finden wir eine Nachricht von Beni, dass er zwar Superglue in seiner Kabine hat, aber dass es leider am Eintrocknen ist. Wie schade, aber immerhin hat er es versucht. Mal sehen, ob wir morgen in Halifax etwas finden, Klebe oder eine neue Lesebrille.

Heute betätige nur ich mich sportlich, Kay will lieber lesen. Zuerst will ich mit dem North Star in die Luft steigen. Die Kapsel fährt langsam hoch, bis wir insgesamt 300 Fuß oberhalb der Meeresoberfläche sind. Noch sind wir zu weit vom Land entfernt, so dass wir auf unserem 360 Grad Rundumblick nur Wasser sehen (und auch keine Wale, falsche Saison). Aber die Blicke hinunter auf das Schiff lassen erahnen, wie hoch wir sind. Ich stelle mich gleich noch ein zweites Mal an. Diesmal fährt eine andere „Bedienerin“ mit, die uns zeigt, dass im Boden sowohl Rettungswesten verstaut sind als auch eine Zipline. Die wird außen an der Aufhängung befestigt, damit man sich im Notfall abseilen kann. Das Personal übt dies regelmäßig, auch wenn die Kapsel ganz nach außen schwenkt. Das tut sie bei den kostenlosen Fahrten nicht. Der North Star steht im Guinnessbuch der Rekorde als „höchstes Aussichtsdeck auf einem Kreuzfahrtschiff“ drin. Und es ist faszinierend, auch wenn man nur Wasser sehen kann!

Anschließend habe ich einen „Flug“ bei Ripcord by iFly gebucht. Nach einem Film mit Sicherheitseinweisungen werden die Bewegungen geübt, bevor man in Overall, goggles und Helm schlüpft. Der Overall hat hinten auf Höhe der Schulterblätter zwei Griffschlaufen, an denen der Instrukteur einen festhalten und stabilisieren kann.

Man simuliert den Absprung aus einem Flugzeug in 1200 Fuß Höhe. Der Wind bläst einen, je nachdem wie schwer man ist, mit 165 bis über 200 km/h in die Höhe. Das Gerät (hinten im Bild) ist das gleiche, in dem professionelle sky diver üben. Ich bin gleich als zweite dran und die eine Minute Flugzeit ist viel zu schnell vorbei. Anschließend melde ich mich sofort noch einmal an. Jeder Gast darf nur einmal fliegen, aber ich buche mich als Kay ein. Der Instrukteur am Tresen hat auch kein Problem damit.

Diesmal habe ich eine andere Anleiterin, die es etwas anders macht und uns auch etwas länger fliegen lässt als nur die eine Minute. Ich bin irgendwo in der Mitte dran und es ist ein wunderbares Gefühl. Ich könnte es den ganzen Tag machen.

Wenn alle aus der Gruppe durch sind, fliegen die Anleiter selbst noch einmal und zeigen, was möglich ist. Faszinierend! Voller Adrenalin und positiver Energie komme ich zurück.

Nach dem Abendessen gehen wir ins Two70 zum Virtual Symphony Concert.

Wir sitzen in der ersten Reihe, trinken Gin Tonic und sehen auf der großen Projektionsfläche (105 Fuß großes Vistarama) The American Philharmonic, das Stücke amerikanischer Komponisten spielt, gut verdaulich und solide gespielt vom 76-köpfigen Orchester.

Auf dem Weg zurück sehen wir die Seekarte, auf der unser geänderter Kurs, das Hurrikan-Gebiet um Bermuda, die Stelle, an der die Titanic gesunken ist und unser morgiger Zielhafen eingezeichnet sind (das Foto zeigt einen Ausschnitt.).

Anschließend treffen wir uns mit Bekannten in der Schooner Bar, um dem Gitarristen Phil James, der Lead Guitarist von We will rock you ist, zuzuhören und dabei noch etwas zu trinken. Dafür gibt man dem Kellner die Plastikkarte mit, die auch Türöffner und „Ausweis“ ist, um den Verzehr dazu zu buchen.

Danach gehen wir Richtung Kabine. Kurz bevor ich die Tür erreiche, hole ich schon mal die Karte heraus. Beim flüchtigen Draufsehen wundere ich mich kurz, dass ich (ohne Brille!) einen Doppelnamen sehe. Mit Brille bemerke ich dann, dass der Kellner in der Bar mir die falsche Karte zurückgegeben hat. Jedesmal habe ich die Karte kontrolliert, nur diesmal nicht. Und schon passiert das Unwahrscheinliche!

Ich gehe zurück zur Schooner Bar und informiere den Barkeeper, nachdem ich an unserem Tisch nachgefragt habe, ob die alle ihre passenden Karten haben – haben sie. Der Kellner versucht, die richtige Dame zur Karte zu finden (Lindsey Doppelname), allerdings ohne Erfolg. Er lässt sich meinen Vornamen und die Kabinennummer nennen, um beim Guest Service eine neue Karte für mich drucken zu lassen. Bald kommt er zurück und sagt: „Das ist nicht Ihre Kabinennummer!“ Ich schaue auf die Serviette, auf die er 8546 notiert hat und antworte: „Stimmt, das ist nicht meine Kabinennummer. Die lautet 8506.“ Auf Englisch ist der lautliche Unterschied zwischen „oh“ und „four“ in einer lauten Kneipe auch nicht so groß. Der Kellner marschiert wieder los und bald darauf habe ich eine neue SeaPass-Karte. Mit dem Gefühl der Erleichterung verabschiede ich mich wieder von den anderen und gehe zurück zur Kabine. Nun lässt sich die Tür auch wieder entsperren.

Morgen früh müssen wir entsetzlich früh, wie es uns vorkommt, aufstehen. Dann dürfen wir in Halifax an Land und treffen uns um 8:30 Uhr vor dem Hafengebäude zur gebuchten Tour.

Zwei Tage zuvor haben wir bereits eine Einreise- und Zollerklärung für Kanada ausgefüllt. Glücklicherweise (für viele amerikanische Mitreisenden) gibt es auch eine Ausfüllanleitung dazu: Am besten überall ‚nein‘ ankreuzen!

At sea, cruise days 8-10 (Anthem, Oktober 2023)

Seetage – das richtige, wenn man entspannen möchte. Noch mehr Extrastunden gibt es, da nach und nach auch noch die Uhr zurückgestellt wird. Wir verbringen den ersten Tag eher schlafend und lesend, die Landgänge waren anscheinend doch anstrengend. Breakfast, lunch and dinner dürfen natürlich nicht fehlen.

Anschließend ist showtime angesagt: der Violinist Christopher Watkins tritt mit dem Schiffsorchester auf. Die Show ist ganz gut, aber er hat ein bisschen Timingprobleme. Ein bisschen mehr üben wäre vielleicht keine schlechte Idee!

Auch am nächsten Tag schlafen und lesen wir viel. Wir sind gern in unserer Kabine. Sie ist wirklich schön und vor allem ruhig.

Falls man tatsächlich mal irgendwo ein freies Plätzchen finden, um zu lesen, dann läuft da garantiert auch immer Musik im Hintergrund, meistens auch relativ laut. Draußen rund um die Pools ist es noch lauter. Also halten wir uns lieber in der Kabine auf. Das Foto zeigt den Blick aus unserer Kabine.

Am frühen Nachmittag (vorher holen wir uns noch ein Eis und sitzen kurz auf dem Pooldeck) spielt der Geiger Chris Watkins eine Matinee unter dem Titel Brahms 2 Broadway. Er ist wirklich ein guter Unterhalter, aber das Musizieren auf seinem Instrument entspricht nicht unseren Ansprüchen. Beim ungarischen Tanz, den er von Brahms spielt, setzt er willkürlich Pausen und lässt die schnellen Läufe einfach weg. Broadway- und Filmmelodien fallen ihm leichter, aber die Auswahl drückt bewusst auf die Tränendrüse. Für uns nicht zu ertragen, fast alle anderen im vollen Theater umjubeln ihn. Naja.

Dann ist es schon wieder Zeit, sich für das Abendessen umzuziehen.

Es ist italienische Nacht, das Personal macht wieder eine Polonaise durch das Restaurant und singt anschließend O Sole mio. Der Speisesaal ist nur wenig gefüllt, viele essen in einem der kostenpflichtigen Spezialitätenrestaurants. Es ist ja so langweilig auf See!

Wir genießen unseren persönlichen Service und das fantastische Essen im Chic. Nach einer Ausruhphase auf der Kabine gehen wir in die Spätvorstellung des iMagician Jamie Allan, der Videoprojektionen und iPhones in seine Tricks einbaut. Das ist absolut faszinierend! Er gibt am nächsten Tag auch eine Matinee, zu der wir auf jeden Fall hingehen werden.

Am dritten aufeinanderfolgenden Seetag werden wir von der Durchsage „Alpha, Alpha, Alpha“ (schwerer medizinischer Notfall) geweckt, schlafen aber wieder ein. Als wir dann richtig wach, geduscht und munter sind, ist es schon zu spät zum Frühstück. Wir warten den Beginn der lunchtime um 11:30 Uhr im Windjammer ab.

So richtig schließen sie aber nicht zwischen Frühstück und Lunch, also essen wir doch schon etwas früher als geplant, so eine Mischung aus den leckeren Frühstückssachen und dann viel unterschiedliches seafood, sehr köstlich. Die Meeresfrüchte liegen in Schalen aus gefrorenem Wasser, das mit Fruchtscheiben verziert ist.

Dort erreicht uns dann auch die Mittagsdurchsage des Kapitäns, die diesmal ernster ausfällt. Der Hurrikan Tammy ist ebenfalls Richtung Bermudas unterwegs und wird, von Westen kommend, voraussichtlich zeitgleich mit uns dort auf den Inseln ankommen. Das kann man natürlich nicht riskieren. Also werden die zwei Landtage dort ausfallen und leider auch unser gebuchter Ausflug dort zu den Stränden und das Baden im warmen Wasser. Aber verständlicherweise geht die Sicherheit vor. Es ist trotzdem sehr schade!

Nun haben wir stattdessen einen Seetag mehr, fahren jetzt nach Kanada und legen in Halifax an. Okay, da waren wir auch noch nie. Der Kurs auf der Karte weist schon nach Nordwest. St. George‘s auf Bermuda ist noch als Port of call eingezeichnet.

Nach einem kurzen Aufenthalt am Pooldeck bei 25 Grad und Sonnenschein besuchen wir die Matinee-Vorstellung des Magician Jamie im Theater. Er nutzt die Gelegenheit, um einige seiner neuesten Tricks für seine bevorstehende Amerikatour zu testen. Es ist einfach toll, bezaubernd und berührend. Beim Dinner erzählen uns unsere Tischnachbarn, dass es in Halifax und New York schneien soll! Na, das kann ja ein Spaß werden.

Dann genießen wir doch lieber noch das gute Wetter, solange es anhält. Wir gehen ins openair Kino. Auf dem Pooldeck wird der Film Ant-Man and the Wasp: Quantumania gezeigt. Wir holen uns noch Handtücher gegen den Wind und Guiness gegen den Durst und dann kann es losgehen. Pünktlich zum Filmbeginn beginnt es zu nieseln, das halten wir noch aus. Aber dann schüttet es sehr und die Windböen peitschen den Regen über das Deck. Wir verziehen uns unter ein Dach und schieben zwei Liegen direkt vor die Treppenstufen zum Pool.

Uneingeschränkter Blick und trocken von oben. Gut, dass der Film mit Untertiteln ist, bei der Entfernung und dem schlechten Ton hätten wir sonst wenig vom Film verstanden. Aber so ist es eine gute Unterhaltung, und auch ganz kuschelig mit Felljacke und unter dem Handtuch.

Santa Cruz de Tenerife/ Teneriffa, cruise day 7 (Anthem, Oktober 2023)

Mal eben kurz schlafen und schon sind wir eine Insel weitergehüpft. Wir besuchen heute die Hauptstadt von Teneriffa. Diesmal gehen wir mit Sonnencreme eingecremt und einem Sonnenhut auf dem Kopf von Bord.

Es werden im Laufe des Tages 26 Grad und es ist schon vormittags sehr warm. Wir folgen der blauen Linie auf dem Boden, die uns raus aus dem Hafengebiet inklusive Marina und hin zur Brücke über die Stadtautobahn führt.

Schon sind wir quasi mitten drin in der Innenstadt, auf der Plaza de España. Wir wollen aber nicht shoppen, sondern wenden uns lieber wieder dem Wasser zu. Dort ist eine neue Esplanade für Fußgänger und Radfahrer angelegt worden, mit Sportmöglichkeiten und noch kleinen Bäumen, die nicht so viel Schatten geben.

Ich bin sehr froh über meinen Sonnenhut. Die Tourisinformation an der Plaza de España hat geschlossen, wir gehen ohne Stadtplan und sonstige Orientierung einfach immer geradeaus und wollen uns überraschen lassen. (Überraschend ist dann eher später, was wir alles nicht gesehen haben, wenn man sich bei Wikipedia umschaut!)

Wir sehen die Hauptkirche von Santa Cruz, die Nuestra Señora de la Concepción, immerhin von hinten.

An den Überresten eines alten Forts, das als solches nicht mehr zu erkennen ist (Gut, dass es entsprechende Hinweisschilder gibt.), zieht uns ein imposantes weißes Gebäude wie magisch an.

Es ist ein Kongress- und Konzerthaus, das Auditorio de Tenerife Adán Martín (2003) des Architekten Santiago Calatrava. Wir finden das Bauwerk wunderschön, es glitzert in der Sonne wie ein Juwel. Dieser Effekt wird durch die Millionen Bruchstücke von weißen Kacheln erzeugt. Wir fotografieren es aus allen Blickrichtungen und schlendern über den großen, das Gebäude umgebenden Platz.

Das Grundstück reicht mit der einen Ecke bis in den Atlantik hinein, so wirkt es. Wenn man bis dorthin geht, sieht man die Steine der Befestigung, die mit Bildern bekannter Musiker und Komponisten aus allen Epochen bemalt sind.

Die mit Holzlamellen verzierten Fensterelemente lassen sich komplett aufklappen, um leichte Brisen durchzulassen. Das Café im Foyer erhält auf diese Weise ganz einfach eine Außenterrasse, auf der wir bei einem Espresso Pause machen, bevor es weiter geht.

Kunst auf dem Vorplatz zum Konzerthaus. Im Hintergrund sind die beiden 120 Meter hohen Zwillingstürme Torres de Santa Cruz (2006) zu sehen. Entworfen von Julián Valladares Hernández sind in den 35 oberirdischen Stockwerken zumeist Wohnungen, in den unteren Stockwerken auch Büroräume zu finden.

Wir gehen wir am neuen Schwimmbadareal mit Meerwasser vorbei (Parque Marítimo Cesar Manrique), bis wir am Palmetum ankommen, ein Botanischer Garten, der sich auf Palmengewächse spezialisiert hat.

In der Bildmitte das Centro Internacional de Ferias y Congresos (Internationales Messe- und Kongresszentrum), eröffnet im Jahr 1996, ebenfalls entworfen von Santiago Calatrava.

Wir gehen die Wendeltreppe hoch und schlendern die Wege im Uhrzeigersinn entlang. An den Miradouros gibt es tolle Ausblicke auf das Meer, es riecht überall gut und die Pflanzen sind sehr sehenswert.

In der Mitte gibt es das Octogon, ein Regenwald-Areal ohne Dach obendrüber. Es gibt zwar eine entsprechende Konstruktion, die ist aber nur mit Netzen bespannt.

Wir füllen die Wasserflaschen auf, bevor es wieder auf den Rückweg geht. Diesmal wollen wir durch die Häuserschluchten hindurch. Wir überqueren einen Teil der Stadtautobahn, kommen am riesigen Busbahnhof vorbei; eine Brücke führt uns über den Barranco de Santos

… und schließlich landen wir in einer schmalen Einkaufsstraße, die uns zurück in die Fußgängerzone führt. Dort sind wir schon bald wieder an der Plaza de la Candelaria, ruhen uns noch einmal aus und nutzen die schnelle Telefonverbindung.

Die blaue Linie führt uns wieder zum Anleger zurück, wir müssen uns nach dem langen Aufenthalt in der Sonne dringend ausruhen.

Wir laufen vor dem Abendessen aus und können die Stadt noch einmal im Überblick sehen.

Nach den Landgängen freuen wir uns nun auf ein paar zusammenhängende Seetage.