Husum, die gar nicht so graue Stadt am Meer

Fährt man 40 km nach Norden, landet man in Husum, wo auch sonnabends nach 12:30 Uhr die Geschäfte geöffnet sind. Ein guter Ausflugstipp, wenn das Wetter nicht so ist, dass man gern leichtbekleidet in den Dünen liegen mag.

Der Parkleitroute gefolgt und schwups steht das Auto wohlbehalten auf einem Parkplatz in der Innenstadt. Ein kurzer Fußweg über die Holzklappbrücke über das alte Hafenbecken, und schon ist man mittendrin im Kleinstadt-Gewusel.

… und rechts hinten das neue Rathaus an der Stelle der alten Schiffswerft.

Am Sonnabend findet in Husum rund um die „Tine“ der Wochenmarkt statt. Es ist wird schon abgebaut, als wir ankommen, aber trotzdem stehen etliche Stände noch und geben einen schönen Eindruck vom Geschehen.

Die Tine ist die bronzene Brunnenfigur fast genau in der Mitte des Bildes. Offiziell heißt das ganze Ensemble Asmussen-Wohldsen-Denkmal, gestaltet vom Bildhauer Adolf Brütt.

An der östlichen Seite wird der Marktplatz von der Marienkirche begrenzt, einem der Hauptwerke des Klassizismus in Schleswig-Holstein. An deren Nordseite wurden früher lebendige Tiere, meist Federvieh, während des Markttages verkauft.

Viele Jahrzehnte gab es nicht weit vom Marktplatz entfernt ein Kaufhaus, zuletzt hieß es Hertie. Mit der Insolvenz und Schließung war das Schicksal des Gebäudes lange ungewiss. Irgendwann war es jedoch leer und konnte abgerissen werden. Seit einem Jahr hat nun auf dem Gelände das Shoppingcenter Theo, nach Theodor Storm, oder auch als Akronym lesbar: „Täglich Husums Einkaufs-Ort“ (nicht ausgedacht, steht auf deren Website) geöffnet. Für das Husumer Marketing eine Attraktion, für andere ein weiteres Center mit den altbekannten Filialketten.

Nach den Einkäufen müssen wir uns dringend mit Kaffee und Kuchen stärken. Die Gastronomie rund um den Hafen ist vielfältig, aber es ist auch voll.

Daher machen wir uns auf den Rückweg, um in Tating das Schweizer Haus zu besuchen. Das Café ist bekannt für seine großartigen Torten. Und was sollen wir sagen, sie sind nicht nur großartig, sondern auch riesig. Andere Cafés machen aus einem der Stücke gleich zwei für den gleichen Preis.

… sehr lecker, nicht zu süß …

Das Schweizer Haus wurde vor ungefähr 150 Jahren als Sommerhaus innerhalb des Hochdorfer Gartens gebaut. Laut Selbstbeschreibung ist dieser Garten „das bedeutendste Gartendenkmal der bäuerlichen Gartenkultur in Schleswig-Holstein“. Als barocker Garten anlässlich des Baus eines Haubargs ab 1764 auf einer Flächen von fünf Hektar angelegt ist von der ehemaligen Pracht nur noch weniges zu erahnen. Vor fast 25 Jahren gefolgte eine umfassende Restaurierung. Danach scheint nicht viel geschehen zu sein, um den Garten in dem Zustand zu erhalten. Viel Pflege ist ihm, zumindest in der letzten Zeit, nicht angediehen worden. Ihn mit dem Husumer Schlossgarten und dem Künstlergarten von Emil und Ada Nolde in Seebüll als einen der wertvollsten nordfriesischen Gärten zu bezeichnen, lässt enttäuschte Besucher zurück.

Der Haubarg gehört nicht mehr der Stiftung, die den Garten erhält.
Eine der Lindenalleen, die nachgepflanzt werden mussten, nachdem die alten Linden bereits im Winter 1945/46 für Brennholz abgeholzt wurden.
Die um 1900 errichtete künstliche Ruine, um die zu der Zeit kein anständiger Landschaftspark herum kam.

Wochenendtrip nach Sankt-Peter-Ording

Mitte September und der Sommer kehrt noch einmal zurück nach Schleswig-Holstein. Perfekt für eine kleine Tour mit dem Wohnwagen, den wir auf die Halbinsel Eiderstedt ziehen, ganz bis ans Ende nach Sankt-Peter-Ording. Hier gibt es einige Campingplätze, und die Belegung zeigt, dass wir nicht die einzigen mit dieser Idee waren.

Unser Stellplatz ist, sagen wir mal freundlich, überschaubar: mittelgroßer Wohnwagen, kleines Reisevorzelt, mittelgroßes Auto und schon sind die Außengrenzen erreicht. Der Campingstuhl hat in der Sonne noch gerade eben Platz. Die Nachbarn rangierten ihren nur etwas längeren Anhänger lieber mit einem Mover aus dem Stellplatz bis hin zum etwas breiteren Weg. Es ist sehr eng.

Links der Rundbalken, rechts der Bretterzaun, dazwischen Erholung.

An Nordfrieslands Küste haben eine Menge Menschen Strandräuber als Vorfahren. Diese Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist heutzutage nicht mehr erfolgreich. Touristen an beliebten Ecken etwas auszunehmen, klappt da schon wesentlich besser. Auch in den Ferienhäusern sind so viele Appartements wie es nur irgendwie geht, hineingequetscht worden.

Dank Corona haben wir zumindest im Café etwas mehr Platz um uns herum. Und die Eisbecher sind lecker!

Amarenabecher und Mokkabecher

Wirklich richtig Platz haben wir am Strand, trotz des quietschblauen Himmels. Es ist heute fast windstill, sehr ungewöhnlich für die Nordseeküste. Daher gibt es keine Kite-Surfer oder Kite-Buggy-Fahrer zu beobachten. Nur ganz wenige baden oder paddeln auf dem SUP. Angeblich haben Wasser und Luft die gleiche Temperatur. Die Füße sehen/fühlen das anders. Sie wollen lieber im trockenen warmen Sand laufen.

Eigentlich wollten wir in die 54 Grad-Bude einkehren, aber die Einlassmodalitäten schrecken uns ab. Am Anfang des Stegs muss man sich am Häuschen eine Zugangsmarke abholen, die Schlange ist lang, und wahrscheinlich ist der Aufenthalt auch noch zeitlich begrenzt. Da gehen wir doch lieber noch weiter am Strand entlang und dann zum Campingplatz zurück. Hier ist den ganzen Tag eine Bude geöffnet, wir gönnen uns eine Tüte (!) Pommes nach dem langen Spaziergang (ca. 8km) und kochen unseren Kaffee selbst.

Da wollten wir hin …
… und dahinten an dem bunten Häuschen hätte man die Zugangsmarke erhalten.

Wir hätten die Hälfte der Strecke ins Bad auch mit dem Ortsbus fahren können, für Inhaber der Gästekarte ist das umsonst. Leider fährt der Bus nur einmal pro Stunde. Da waren wir schneller zu Fuß.

Um noch mal auf die Strandräubermentalität zurück zu kommen. Natürlich kostet der Zugang Geld, es sei denn, man hat bereits eine Gästekarte (haben wir, der Erwerb ist verpflichtend). Der Einlass zum Holzbohlensteg ist durch Kassenhäuschen und zusätzlichem Tisch gut zu überwachen. In Ortsteil Ording kann man mit dem Auto/Wohnmobil direkt auf den Strand fahren, kostet natürlich auch Geld, und zwar bis 22:30 Uhr, Übernachten verboten.

Hier steht ein Strandeingangswächter ganz allein, ihm zur Seite eine Menge Pylonen. Während einige die 9 Euro (6€ Parken, 3€ Kurabgabe=Gästekarte) ohne weiteres bezahlen und den einen Euro auch noch als Trinkgeld da lassen, kommen andere auf kreativere Ideen. Sie kommen zu Fuß und gehen mit einigen Abstand ganz nonchalant am Kassenhäuschen vorbei, während der Wächter ein Auto abkassiert. Aber er hat seinen Augen überall (und kennt inzwischen wahrscheinlich auch alle Tricks) und fragt das junge Urlauber-Pärchen nach der Gästekarte. Doch, doch, sie hätten eine und kramen zur Bestätigung in den Taschen, um sie zu suchen („Du hast sie.“ – „Nein, du hast sie doch eingesteckt.“). Schließlich halten sie die Karten hoch. „Die Karten aus Büsum gelten hier aber nicht!“ bekommen sie zu hören und sind ob dieser Auskunft wirklich sehr erstaunt, fast schon empört. Sie kehren um. Ein dreister Versuch, schließlich ist Büsum 40km entfernt.

Er macht seinen Job gut.