Kurlaub im UNESCO Weltkulturerbe – Badekur (Sommer 2022)

Jedes anständige Kurhotel hier in Karlsbad hat, meistens im Kellergeschoss, ein Wellness-Angebot, bestehend aus einem kleinen Schwimmbecken und mindestens einer Sauna. Unser Thermal-Hotel natürlich auch, als Hotelgäste dürfen wir es so oft benutzen, wie wir wollen. Wir haben den Pool mit den Unterwassermassagedüsen, den Whirlpool, das Dampfbad (our favourite), die Infrarotkabine und die Kneippbecken ausprobiert. Letzteres (man schreitet über mittelgroße Kieselsteine abwechselnd durch kaltes und warmes Wasser und versucht, dabei nicht wie ein Storch zu staken) empfinde ich als eher unangenehm, aber ich mache es trotzdem, wir sind hier schließlich nicht nur zum Vergnügen hier.

Das Thermal-Hotel hat allerdings auch noch ein riesiges Bad- und Saunaangebot hinter dem Hotelgebäude, das sich auch bei Nicht-Gästen großer Beliebtheit erfreut. Hotelgäste dürfen jeden Tag für drei Stunden kostenlos hinein. Das große Außenschwimmbecken ist in den Felshang hineingebaut, um eine Aussicht auf die Stadt zu bieten. Der Ausblick wird noch ein bisschen toller, wenn man hoch auf die Terrasse des dazugehörigen Restaurant geht.

Das Wasser im Pool kommt von der Sprudelquelle (die als Geysir hochsteigt). Im Schwimmbecken ist das Wasser behandelt (u.a. gechlort), im hinteren, abgetrennten Bereich ist es das 100%ige Mineralwasser der Sprudelquelle, hier nur noch angenehme 39 Grad warm. Dort kann man es sitzend oder liegend sehr lange aushalten, sehr angenehm, wenn die Außentemperaturen gegen Abend doch so langsam absinken. Zu Beginn unseres Aufenthaltes war es abends um 21 Uhr allerdings immer noch 34 Grad warm! Da nutzten wir lieber das Schwimmbecken mit seinen 28 Grad, um uns ein bisschen abzukühlen. Die acht Saunen hier haben wir noch nicht ausprobiert.

Dafür haben wir uns im nahen Elisabeth-Bad zusätzliche Kuranwendungen gebucht. Das ginge zwar auch hier im Hotel, aber das pseudobarocke Ambiente in dem alten Kurhauskomplex ist einfach mal etwas anderes. Das schlossähnliche Gebäude wurde 1905-06 erbaut und erhielt seinen Namen im Andenken an Kaiserin Elisabeth (Sissi), die acht Jahre zuvor ermordet worden war. Der Name wird heute wieder für das Kurhaus verwendet, auf dem Foto sieht man noch den Namen während der tschechoslowakischen Republik, Bad V.

Das Haus wurde innen sicherlich immer mal wieder renoviert und verändert. Das Treppenhaus strahlt aber immer noch den alten k. u. k. Charme aus. In den Anwendungsräumen allerdings sieht es noch so aus, wie nach der großen umfassenden Modernisierung aus den Jahren 1969-73. Wir bekommen jeder ein Perlbad, bei dem Kohlensäure in die Wanne geleitet wird. Das ergibt eine ganz sanfte Massage.

Man bleibt zwanzig Minuten im warmen Wasser. Wenn man den Hinterkopf auf die Kopfstütze und die Zehen auf die Ablage drückt, schwebt man im Wasser, so groß ist die Wanne. Tief ein- und ausatmen, und schon erfährt man Physik ganz körperlich. Der Körper hebt und senkt sich ganz schwerelos durch den riesigen Luftballon, der unsere Lunge ist. Danach steigt man unter Aufsicht der Kurschwester in ein riesiges Laken und wird sodann fest in Wolldecken verpackt. So ruht man noch einmal zehn Minuten. Die anschließende Fußreflexzonenmassage im Kellergeschoss durch eine fast zwei Meter große, spindeldürre ältere Masseurin lässt einen danach wie auf Wolken zurück zum Hotel gehen.

Unerwartete Erlebnisse: wie wir (fast) in einer Synagoge gelandet sind (Sommer 2022)

Eigentlich wollten wir nur mal eben kurz hinüber zum Elisabethbad gehen, um ein paar Kuranwendungen zu buchen. Geht man etwas weiter Richtung Eger-Fluss zum Busbahnhof, steht dahinter die Städtische Markthalle. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts erbaut (1912-13), diente sie dem hygienischen Verlauf von Fleisch und Lebensmitteln, überwiegend für die vielen Kurhotels vor Ort.

Heute steht der damals hochmoderne Stahlbetonbau unter Denkmalschutz und beherbergt den Supermarkt ‚Albert‘. Innen kann man die Deckenkonstruktion immer noch sehr schön sehen. Wenn wir schon hier sind, können wir auch gleich für unser Abendessen einkaufen: leckeres Brot, Salami, Gouda, Oliven und Schafskäse, dazu Hummus und natürlich ein Bier, diesmal Kozel in hell, auch sehr gut.

Anstatt unsere Schätze direkt zurück in den Kühlschrank unseres Zimmers zu bringen, wählen wir einen etwas anderen Weg zurück. Wir stehen auf der Warschauer Straße (Varšavská, links im Bild) und wollen zu dem Gebäude, auf das die Kugelschreibermine zeigt. Da gibt es ein Secondhand-Geschäft, mal sehen, wie hier so das Angebot ist.

Wir überqueren die Tépla und schlängeln uns die Bezručova den Berg hinauf. Es ist sehr warm, aber nach der ersten Kehre werden wir ja da sein. Dort ist allerdings nur die Synagoge zu finden. Das Gebäude nebenan gehört schon zum Umfeld des Krankenhauses. Dann haben wir uns wohl beim Kartenlesen vertan. Wir beschließen, noch eine Kehre weiterzugehen und passieren das Krankenhaus. Nun wissen wir auch, warum wir im Hotel ständig das Martinshorn hören. Es hört sich an wie die Polizei in New York, aber es sind die Krankenwagen, die schnell in die Klinik fahren. Wir kommen in ein Villenviertel mit sehr imposanten Gebäuden. Hier wird das Secondhand-Geschäft auch nicht sein. Ein kurzer Blick auf Google Maps zeigt uns, dass wir schon zu weit gegangen sind. Wir finden einen Fußweg, der uns direkt auf die vorletzte Kehre zurück bringt.

Wir kommen wieder an der Synagoge heraus. Hier soll sich das Geschäft befinden. Hmmmm! Wir gehen noch einmal langsamer am Gebäude entlang, nichts zu sehen. Dann gehen wir hoch zum Eingang und lesen die Schilder. Etliche Einrichtungen, die mit der Synagoge in Zusammenhang stehen, etliche Ärzte, aber kein Bekleidungsgeschäft. Wir wollen schon frustriert abziehen, da fällt der Blick durch die Glasscheiben der Tür auf eine ältere Anschlagstafel innen im Flur. Und dort ist tatsächlich das Geschäft „Biko“ aufgelistet.

Na dann, hinein in die Synagoge. Nicht wirklich, denn die befindet sich im Hochparterre im rechten Flügel des Gebäudes. Wir sollen in den ersten Stock. Das Gitter steht offen, also weiter.

Der Flur sieht aus wie ein Behördenflur, doch gleich die ersten Türen rechts gehören zum gesuchten Geschäft. Wir haben Glück und können noch stöbern, ab dem 01. August machen sie Sommerferien.

Als wir wieder draußen sind und noch einmal an der Fassade hinaufschauen, können wir auch die bunte Aufschrift auf den Fenstern im ersten Stock rechts erkennen. Wir waren beim Vorbeigehen auf Schaufenster fixiert, die es hier nicht gibt. Es ist wohl eher ein Geschäft für Einheimische, die wissen, wo es sich befindet.

Goethe, Schiller, Beethoven und die schwierige Frage der Nationalität (Sommer 2022)

Unser heutiger Spaziergang führt uns durch das Kurgebiet, immer flußaufwärts an der Teplá entlang. Dabei passieren wir weitere Drehorte des Films „Casino Royale“, das Grandhotel Pupp und das Kaiserbad. Letzteres wird jetzt anscheinend umfassend renoviert und ist von fast allen Seiten komplett eingerüstet. Gedreht wurde übrigens nur in den Innenräumen.

Das Kaiserbad heißt eigentlich Bad l, alle sechs öffentlichen Bäder in Karlsbad sind mit römischen Zahlen durchnummeriert, die meisten haben zusätzlich einen Namen. Das Kaiserbad bekam seinen, da sich innen ein Luxusappartement befindet, das damals ausschließlich Kaiser Franz Joseph, Kaiser von Österreich-Ungarn und König von Böhmen, benutzen durfte.

Wir gehen auf dem Goethe-Weg weiter am Fluss entlang, die Bäume spenden angenehmen Schatten. Den Vormittag über regnete es Bindfäden bei nur 16 Grad, doch am Nachmittag ist es wieder sehr schön sonnig und warm. Der Schatten ist willkommen. Der Weg ist gesäumt von Gedenktafeln, auf denen frühere Kurgäste ihren Dank für die gute Gesundheit nach den Kuraufenthalten zum Ausdruck bringen. Auch der Geheime Rat Goethe ist mehrmals in Karlsbad (und auch in Marienbad und Franzensbad, er reiste sowieso gern durch Böhmen) zur Kur gewesen.

Ihm zu Ehren wurde 1883 ein Denkmal (eine Büste auf einem mit einem Relief und seinen Namen verzierten Sockel) in einer Parkanlage vor dem Grandhotel Pupp aufgestellt, bezahlt von der Stadt Karlsbad. 1946 wurde das Denkmal im Rahmen der „nationalen Säuberung“ (Alle ‚Deutschen’ wurden ausgewiesen, alle deutschen Spuren mussten weg.) entfernt. Die Büste kam immerhin noch ins Museum, der Mamorsockel wurde in einer Baugrube entsorgt und war damit verschwunden.

Nur sechs Jahre später wurde die Büste wieder aufgestellt, diesmal auf einem neuen, niedrigeren und etwas schlichter gestalteten Sockel und dorthin, wo Tagesgäste selten bis gar nicht hinkommen. Damals hieß der Weg auch noch Puschkin-Weg.

Tagesgäste sind auch heute nicht in Sicht, wir können in sehr viel Ruhe spazieren gehen. Den ursprünglichen Sockel aus Mamor baggerte man 2014 bei Bauarbeiten zufällig wieder aus. Diesmal wurde er nicht ein zweites Mal entsorgt, sondern unrestauriert in der Nähe der Büste wieder aufgestellt.

Unser Spaziergang geht weiter zum Jugendstil-Denkmal für Schiller, der Karlsbad nur einmal besuchte. Wir sind immerhin schon das vierte Mal hier. Schiller liebte lange Eselsritte durch die Kurwälder. Heutzutage lassen sich die Touristen gern mit der Pferdekutsche durch das Kurgebiet fahren. Wir gehen lieber zu Fuß.

Das eigentliche Ziel unseres Spaziergangs ist aber Beethoven. Kay als großer Fan besucht Beethoven-Denkmäler wo immer sie stehen. Der Meister besuchte Karlsbad während seiner Reise durch Böhmen 1812. Das Denkmal wurde 1929 enthüllt. Rechts und links sind allegorische Reliefs angebracht. Die gesamte Anlage wurde vom Karlsbader Bildhauer Hugo Uher angefertigt.

Uher wurde 1882 geboren, Böhmen gehörte zu der Zeit zum österreich-ungarischen Kaiserreich. Gestorben ist er 1945, zu der Zeit gehörte Böhmen zum Dritten Reich. Im Zuge der „nationalen Säuberung“ 1946 galt Uher daher als Deutscher, die beiden Reliefs wurden abmontiert und entsorgt. An Beethoven selbst traute man sich wohl nicht heran. Anlässlich des 200. Jubiläums des Beethoven-Aufenthaltes in Karlsbad wurden 2012 Repliken enthüllt, die nach alten Fotos aus Kunststoff hergestellt worden. Die Farbigkeit imitiert die ursprüngliche Ausführung aus gegossenem Metall.

Friedrich Smetana dagegen, der große tschechische Komponist, ist nie in Karlsbad gewesen. Sein Denkmal steht nicht weit entfernt von Beethoven und wurde 1949 aufgestellt. Smetanas tschechisches Nationalgefühl entwickelte sich erst im Erwachsenenalter. Er erlernte Tschechisch und änderte seinen Vornamen in die tschechische Schreibweise Bedřich. Sein berühmtes Werk „Die Moldau“ wird in den tschechischen Flugzeugen beim Rollen zum Terminal des Prager Flughafens gespielt.

Aufgestellt wurde das Denkmal für ihn, um „die Verbundenheit der Kurstadt mit der tschechischen Musiktradition [zu] erinnern“, so unser kleiner Stadtführer von 2003. Jede Zeit bildet seine Nationalheiligen aus; nicht jede Aktion, die daraus resultiert, ist in der Nachschau verständlich.

Kurlaub im UNESCO Weltkulturerbe – Trinkkur (Sommer 2022)

Seit Juli letzten Jahres können sich elf große europäische Kurbäder freuen, sie erhielten den UNESCO-Titel „Die bedeutenden Kurstädte Europas“. In allen Städten zeugen geschlossene architektonische Ensembles bis heute von der Bäderkultur. Und wir erholen uns gerade in einem davon, Karlsbad gehört neben Marienbad und Franzensbad in Tschechien dazu. Auch Deutschland steuert drei Städte bei: Baden-Baden, Bad Kissingen und Bad Ems. Dazu kommen dann noch Bath (GB), Spa (B), Vichy (F), Baden bei Wien (A) und Montecatini (I).

Wir haben keine klassische Kur gebucht, sondern genießen die gebotenen Annehmlichkeiten des Hotels und der Stadt nach Lust und Laune. Morgens und abends spazieren wir vor den Mahlzeiten zu einer der zwölf öffentlich zugänglichen Heilquellen. In Karlsbad gibt es mehr als 70 heiße Mineralquellen. Die Heilbrunnen (prámen) haben alle Namen, z.B. Freiheitsquelle, Marktbrunnquelle, Schlossbrunnquelle, Karl IV-Quelle. Das Wasser sprudelt aus den Brunnen und wird in speziellen Tassen, die Sprudelbecher genannt werden, aufgefangen.

Der Griff der Tassen ist hohl und dient mit einer kleinen Verlängerung als Trinkhalm. Es gibt die Becher überall zu kaufen, in den verschiedensten Varianten, ganz nach persönlichem Geschmack. Wir haben unsere bereits bei unserem allerersten Aufenthalt hier 2008 gekauft. Damals sagten wir uns, dass wir sie zuhause ja notfalls als Blumenvasen weiterverwenden könnten. Nun sind sie bereits das dritte Mal wieder mit uns nach Karlsbad gekommen und verrichten treu ihren Dienst.

Wir trinken das Wasser aus der Mühlbrunnquelle, 56 Grad warm, eine Art Allroundquelle, deren Wasser schon seit mehr als 100 Jahren den meisten Kurgästen verordnet wird. Es schmeckt salzig und ein bisschen nach Eisen. Man gewöhnt sich recht schnell an den Geschmack, dient ja einem therapeutischen Zweck. Die Mühlbrunnkolonnade ist die größte Kolonnade in Karlsbad. Es gibt im Gebäude noch drei weitere Quellen (Felsen-, Nymphen- und Libusaquelle), alle unterschiedlich heiß. Der James-Bond-Film „Casino Royale“ ist in Teilen in Karlsbad gedreht worden. Die Mühlbrunnkolonnade stellt den Bahnhof dar, an dem James Bond ankommt, bevor es ins Spielkasino geht.

Die berühmteste Heilquelle Karlsbads ist der „Sprudel“, der in einem Raum neben der Sprudelkolonnade als Geysir bis zu zwölf Meter hoch in die Luft steigt. Der Stahlbetonbau, 1975 fertiggestellt, wird seit Jahren renoviert. Jetzt ist der Geysir wieder zu besuchen und erfreut sich andauernder Beliebtheit. Das Wasser kommt aus ca. 2 Kilometer Tiefe hervor und schießt mit 72 Grad in die Höhe. Entsprechend warm ist es in dem Raum. Etwas abgekühlter kann man das Wasser nebenan in der Kolonnade in den Becher füllen und trinken.

Und dann könnte man die Trinkkur natürlich am Abend mit dem leckeren tschechischen Bier fortsetzen. Neben dem Pilsner Urquell ist auch das dunkle Kozel (Ziegenbock) sehr zu empfehlen. Oder man mixt sich auf dem Zimmer einen „Beton“, das ist der hiesige Becherovka (ein Kräuterlikör) gemixt mit Tonic Water. Eine 100 ml-Flasche stand zur Begrüßung und zum Ausprobieren in unserem Hotelzimmer bereit.

Eine Perle des Brutalismus (Sommer 2022)

Wir haben uns für unseren Aufenthalt in Karlsbad im Hotel Thermal einquartiert, wir waren hier in den 2010ern schon zweimal. Laut Eigenbeschreibung auf der Webseite stellt das Hotel eine „Perle des Brutalismus“ dar. Wir teilen diese Auffassung. Anfang der 1960er wurde ein Filmpalast für das immer größer werdende Internationale Filmfestival, verbunden mit einem internationalen Hotel und einem mit Thermalwasser gefüllten Außenschwimmbecken geplant.

Das politische Klima in der Tschechoslowakei war damals sehr liberal. So gewann der Entwurf, der im Gebäudeensemble Elemente des damals ganz neuen Brutalismus mit denen des internationalen Stils verband. Das Architektenehepaar Manochin fasste den Auftrag als Gesamtkunstwerk auf. Auch das Interieur, bis hin zu Möbeln, Tischdecken und Besteck wurde von ihnen entworfen.

Die Bauzeit dauerte lange, von 1968 bis 1977. Die politische Situation änderte sich nach dem Prager Frühling 1968 entscheidend. Doch die Pläne der zwischenzeitlich in Ungnade gefallenen Architekten (sie lobten den sowjetischen Einmarsch nicht) wurden wie geplant realisiert. Nach 31 Jahren änderte sich 1989 die politische Weltlage wieder, es wurde versucht, den Gebäudekomplex zu privatisieren.

Dabei wurden, wie auch damals im Osten Deutschlands eine Menge Fehler gemacht. Jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten, die sich erst vor fünf Jahren auflösten, verursachten mit der Zeit einen Modernisierungsstau. Den haben wir bei den ersten Aufenthalten noch mitbekommen. Seit drei Jahren wird nun in allen Bereichen kräftig modernisiert, wobei das Ambiente immer noch stimmig bleibt.

In der Draufsicht sieht das Gebäude wie eine Filmkamera aus. Das Festivalgebäude übernimmt die Rolle der beiden Filmspulen. Der Große Saal (hinten im Bild) bietet Platz für 1200 Zuschauer. Er ist architektonisch anspruchsvoll auf einer langen Konsole aufgehängt und erzeugt in der Seitenansicht den Eindruck, er würde im Raum schweben. Leider ist das nur sehr schwer mit den touristischen Fotografiermöglichkeiten einzufangen.

Zusätzlich gibt es fünf Konferenzsäle, in denen während des Filmfestivals im Juli auch Filme gezeigt werden. Das Internationale Filmfestival fand in diesem Jahr schon zum 56. Mal statt. Wir sind kurz danach angekommen, einige Schilder hängen noch. Das Foto zeigt einen Wandausschnitt in der Hotelbar.

Weiter nach Karlsbad – eine unerwartete Bergpartie durch das Erzgebirge (Sommer 2022)

In Berlin konnten wir uns nach dem Frühstück im Garten nur sehr schwer aus der Sommeridylle losreißen. Im Schatten unter den Apfelbäumen zu sitzen ist in guter Gesellschaft einfach zu schön. Doch mit einer funktionierenden Klimaanlage lassen sich auch im Auto Temperaturen um die 30 Grad gut aushalten. In wenigen Minuten sollen wir auf die Autobahn gelangen. Nach einer etwas längeren Fahrt durch hübsche Stadtrandbebauung und Naherholungsgebiete dämmert es uns, dass dies nicht der richtige Weg zur nächsten Autobahnauffahrt sein kann. Des Rätsels Lösung: Wir hatten vergessen, dass wir dem Navi die Autobahnnutzung verboten hatten! Nachdem das rückgängig gemacht wurde, verkürzte sich die prognostizierte Reisezeit sofort um anderthalb Stunden. Die Autobahn durch Berlin und Brandenburg ist am Sonntag angenehm leer, voller wird es nur in den Ballungsräumen Sachsens.

bei Zwönitz, Sachsen

Wir wollen den Grenzübergang auf dem Fichtelberg nehmen, von dort aus sind es nur noch knapp 30 Kilometer bis Karlsbad. Doch auch hier finden Bauarbeiten statt, der direkte Weg auf der Bundesstraße nach Annaberg-Buchholz ist gesperrt. Wir fahren mitten durch das Erzgebirge, an so lustig klingenden Orten wie Elterlein, Scheibenberg und Unterscheibe vorbei bzw. durch. Da auch die Straße nach Oberwiesenthal gesperrt ist, bringt uns die „Straße des Friedens“ in Raschau-Markersbach hoch ins Gebirge. Wir schlängeln uns auf einer schmalen Straße durch Rittersgrün, Ehrenzipfel, Zweibach und Tellerhäuser (950 Meter) immer höher hinauf in das Skigebiet am Fichtelberg, bis wir direkt am Grenzübergang wieder auf die Bundesstraße treffen.

Ohne Kontrolle geht es über die deutsch-tschechische Grenze und dann auf der Südseite des Gebirgszuges wieder hinunter. Wir fahren immer bergab, durch Jáchimov und Ostrov, die Ortsdurchfahrten sind inzwischen komplett neu asphaltiert. Bei unserem letzten Besuch vor sechs Jahren gab es hier noch jede Menge Baustellen.

Nach einer kurzen Autobahnfahrt überqueren wir die Eger und sind gleich darauf im Kurgebiet von Karlsbad. Das Auto parkt am Hotel, das Zimmer ist schnell eingerichtet, und wir genießen den beginnenden Abend bei 28 Grad mit Pilsner Urquell und Gulasch.

Auf nach Berlin – eine unerwartete Landpartie durch Brandenburg (Sommer 2022)

Das aktuelle Sabbatjahr liegt in den letzten Zügen, wir wollen es noch in vollen Zügen genießen, letzteres aber nur im übertragenen Sinne. Darum machen wir uns mit dem Auto auf den Weg nach Karlsbad in Tschechien, ein bisschen Kur-Urlaub kann ja nicht schaden. Damit wir nicht wieder so exzessiv on the road sind wie bei unserem letzten USA-Aufenthalt, wollen wir auf dem Hinweg einen Übernachtungsstopp in Berlin einlegen. Der Reisetag (Sonnabend) ist unglücklich gewählt, denn just an diesem Wochenende wird der Elbtunnel in Hamburg komplett gesperrt. Da wollen wir zwar gar nicht durch, doch die vielen Menschen, die das müssen, teilen die Straßen Richtung Süden mit uns. Das werden heute ganz viele sein, denn sechzehn Bundesländer haben Ferien, und Schleswig-Holstein ist eine beliebte Feriendestination. Außerdem ist es Transitland Richtung Skandinavien, und sonnabends ist in Dänemark Bettenwechsel.

Wir fahren so früh los, dass wir vor der Bettenwechslerlawine im Süden von Schleswig-Holstein sein werden. Doch schon hinter Kiel stoppt und go‘t es sich auf 14 Kilometer Richtung A21. Hinter Bad Segeberg wird die Fahrbahndecke der A21 erneuert. Wir umfahren den zähfließenden dichten Verkehr aufgrund von Ortskenntnissen. Am Ende der A21 ist die direkte Weiterfahrt zur Anschlussstelle auf die A24 gesperrt. Wir müssen erst einmal wieder gen Hamburg fahren: A1 (hier noch nicht verstopft), ein Stückchen übers Land, dann endlich auf die A24; Berlin, wir kommen. Die Fahrt durch Mecklenburg-Vorpommern läuft, der Himmel wird blauer, die Lufttemperaturen steigen.

Wir überqueren bald die Landesgrenze zu Brandenburg und landen unversehens auf dem temporären Großraumparkplatz ‚Autobahndreieck Wittstock/ Dosse‘. Nach einer Stunde Halbmeter um Halbmeter nach vorne rutschend haben wir die Nase voll und verlassen die Autobahn (das Navi bekommt Autobahn-Planungsverbot). Die letzten 100 Kilometer nach Berlin geht es über Land. Glücklicherweise werden hier immer noch EU-Mittel verbaut und die meisten Straßen sind richtig gut. Die Getreideernte ist in Gang, wir fahren durch Alleen und durch viele Ortschaften, die auf -ow enden. Werden die nun ‚off‘ oder ‚oh‘ ausgesprochen, wir wissen es nicht. Es wird immer wärmer, in der Mark Brandenburg steht die Hitze.

Das Navi plant die Strecke gut, doch es kennt natürlich nicht alle Straßensperrungen. Sommerzeit – Straßenbauzeit! Wir folgen zusätzlich den örtlichen Umleitungsschildern und überqueren schließlich mit anderthalb Stunden Verspätung die Berliner Stadtgrenze. Der Berliner Bär empfängt uns ganz lässig in der Sonne sitzend. In Heiligensee erwarten uns die Freunde mit Kaffee und Kuchen im Garten. Welch eine Freude!

Zum Ausgleich machen wir anschließend einen langen Spaziergang. Der führt uns zuerst zur ehemaligen „Grenzübergangsstelle Stolpe“, an der die Transitautobahn von Hamburg kommend auf West-Berlin stieß. Die Autobahn wurde damals von der DDR gebaut, aber komplett von der Bundesrepublik Deutschland bezahlt. Wenn schon Westdeutschland unbedingt West-Berlin besuchen muss, dann bezahlt da bitte schön auch für. So war es damals.

Dann geht es auf dem ‚Berliner Mauerweg‘ weiter. Auf dem heute asphaltierten Weg patrouillieren früher die DDR-Grenzer auf einem Betonplattenweg. Der ehemalige Todesstreifen hat sich in den letzten 33 Jahren trotz massivem Pestizideinsatz zu DDR-Zeiten in einen Wald verwandelt.

Dort finden wir in regelmäßigen Abständen Betonüberreste, an denen früher die Schilder „Achtung! Sie verlassen den französischen Sektor“ hingen. Heutzutage geht höchstens von den Wildschweinen eine Gefahr aus, aber die haben wir nicht gesichtet.